Berenike Langmaack

Berenike Langmaack


...mehr zu Berenike
Langmaack
HOME
GESANG
VIOLONCELLO
STIMMWERKSTATT
CHORISCHE
     STIMMBILDUNG
PHILOSOPHIE
KONDITIONEN
KONTAKT
IMPRESSUM



Verschenken Sie
einen Gutschein
für Musikunterricht!
Geschenk
Nähere Infos hier

Stimmbildung /Technik 

Eine moderne Stimmtechnik befasst sich als Grundlage zu allen Musikstilen und auch zum professionellen Sprechen damit, den physiologisch richtigen Gebrauch der Stimme zu vermitteln.Wie ein Fahranfänger zunächst lernen muss, Gas zu geben und zu schalten, ist eine der zentralen Fragen in der Stimmpraxis offensichtlich die, wie man die Stimme physiologisch richtig zum Klingen bringt und dann im Klingen behält. Zumindest ist dies das Feld, in dem die meisten Fehlfunktionen festzustellen sind.
Wenn eine Stimmtechnik auf der Kenntnis physiologisch richtiger Vorgänge basiert, so wird eine Stimme mit der Zeit immer freier, schöner, farbenreicher und voluminöser klingen und dabei „widerstandsfähiger“, bis ins Alter störungsfrei, lange von hoher Qualität und geschmeidig sein.
Den höheren Anforderungen an Schwierigkeiten (Höhe, Lautstärke, Virtuosität), die viele musikalische Stile stellen (neben der Klassik z.B. auch viele Pop-Richtungen), den höheren Anforderungen an reiner Belastungszeit, die in vielen sprechintensiven Berufen entsteht, wird eine solche Stimme besser gerecht werden können.
Die Gesunderhaltung der Stimme ist für jeden, der sie professionell gebraucht oder auch nur zum Spaß (Singen als Hobby) über das alltägliche Maß hinaus belastet, ein wichtiges Ziel, welches nur durch die Umstellung der Gebrauchsgewohnheiten auf die von der Natur zugrunde gelegten Funktionsgesetze erreicht werden kann. Nichts anderes ist Stimmtechnik und sollte gerade in diesem Punkt deutlich von „Stil-Techniken“ abgegrenzt werden.

Leider sind sowohl Schüler als auch Lehrer oft zu sehr auf schnelles Erreichen stilistischer Ziele fixiert, so dass mancher Unterricht die eigentlichen funktionalen Probleme oft zwar anspricht, aber nicht genug in die Tiefe zu gehen scheint, um die ungünstigen Angewohnheiten wirklich zu verändern, wenn er nicht gleich einzig und allein auf „Stil“, also auf das Produzieren bestimmter Klangformungen egal wie, angelegt ist. Weil auch über physiologisch problematische Manipulationen der Stimme durchaus längere Zeit hindurch (besonders bei jungen Stimmen) stilistisch ansprechende Ergebnisse erzielt werden können, wird in solchen Fällen der funktionale Verfall der Stimme erst nach Jahren erkannt.
Stimmliche Grenzen, sei es in Höhe/Tiefe (wohl verstanden innerhalb einer Stimmgattung), schönem Klang oder Geschmeidigkeit (um nur einige zu nennen) werden allzu oft unausgesprochen dem eigenen mangelnden Talent angelastet und als unveränderbar akzeptiert, obwohl sie durch funktional richtigeren Stimmgebrauch nicht bestehen müssten.

Ermüdungserscheinungen, Heiserkeit, werden „mangelndem Training“ angelastet, oft ohne zu erkennen, dass mehr falsches Training das Problem nur verschlimmert.

            
Stil 

Seitens des Stimmphysiologen liegen zunächst fast allen stilistischen und interpretatorischen Effekten dieselben technischen, d.h. funktionalen Fertigkeiten zugrunde. Viele Menschen glauben, dass besonders die modernen Musikstile mithilfe einer Stimmtechnik nicht richtig dargestellt werden könnten. Sie haben Angst vor „falsch-klassischem“ Klang. Diese Auffassung ist falsch. Eine Stimmtechnik ermöglicht es, die physiologischen Möglichkeiten einer Stimme zu kennen und schonend zu nutzen und dadurch dem jeweiligen Stil angepasst verschiedenste Klangeffekte zu produzieren.
Daher kann und muss man allen Stilen zunächst eine Art funktionale Grundausbildung zugrunde legen. Dies heißt nicht, dass jemand, der nur Popsongs singen möchte, mit Klassik anfangen muss! Es heißt nur, dass die funktionalen Fertigkeiten aufgebaut werden müssen, bevor man sich überhaupt mit stilistischen Effekten beschäftigt. Es bleibt dann dem Sänger überlassen, inwieweit er sich ganz auf einen Stil fokussieren will oder sich eine gewisse Vielseitigkeit erarbeiten möchte.
Die meisten Gesangsanfänger bringen bereits ein musikalisches Stilgefühl mit. So wie dieses durch das Zuhören geprägt worden ist, wird es sich auch weit mehr über das Gehör in die Stimme übertragen als über irgend welche mechanischen Manipulationen. Viele zunächst mit großer stilistischer Überzeugung über ein Forcieren der Stimme erzeugten Effekte lassen sich mit den funktional richtigen Abläufen genau so „richtig“ klingend aber eben stimmschonend erzeugen und viel exakter steuern.
Unterschiede in der Anwendung funktionaler Fertigkeiten auf verschiedene Stile bestehen dennoch und können effektiv erlernt werden. Für die so starke klangliche Unterschiedlichkeit verschiedener Stile spielt die
verschiedene Gewichtung von Kopf - und (echter) Bruststimme durchaus eine Rolle. Wer damit „spielen“ lernt, vergrößert erheblich den Rahmen seiner stilistischen aber auch interpretatorischen Möglichkeiten.
Eine gute Atemtechnik liegt zwar allen Stilen zugrunde, aber die Regulierung des Luftdrucks varriiert je nach Stil, von starkem Unterdruck in der Klassik bis zu leichtem aber jederzeit flexibel handhabbarem Überdruck im Pop (Belting). Die Erfahrung zeigt, dass zunächst überhaupt erarbeitet werden muss, von einer
grundsätzlichen Überdruckerzeugung abzuweichen.
Ein für stilistische Unterschiede wichtiges Thema ist die zum Teil sehr verschiedene Nutzung der
Resonanzräume, die zusammen mit der Arbeit an der Sprache/Vokalklang einen erheblichen Anteil an verschiedener Klangformung haben.
Gesagt werden muss auch, dass nicht jede Stimme für jeden Stil prädestiniert ist und man das Repertoire und den Stil durchaus den Gegebenheiten der Stimme anpassen sollte. Selten divergieren hier Wünsche und (erarbeitbare) Möglichkeiten so stark, dass es keine überzeugenden Lösungen gäbe. Funktional technisch jedoch lassen sich alle stilistischen Fertigkeiten mit jeder Stimme aufbauen. Zuletzt gibt es in Pop und vor allem Rock ein paar physiologisch belastende Effekte, die man dosiert einzusetzen lernen sollte, die dann aber durchaus zum Einsatz kommen dürfen.


Tradition/Interpretation 

Gerade in der Klassik, aber mit zunehmendem „Alter“ eben auch in Jazz, Rock, Pop, gibt es verschiedenste interpretatorische Traditionen. Der Sänger wird sich immer im Spannungsfeld zwischen diesen Traditionen und seiner persönlichen Interpretation befinden. Es ist Teil seiner persönlichen künstlerischen Entwicklung, wie weit er sich mit diesen Traditionen hörend auseinandersetzt und wie er seine persönliche interpretatorische Auffassung daran orientiert. Eine Auseinandersetzung mit anderen Stilen kann dabei nur bereichernd wirken! Wohingegen die reine Nachahmung berühmter Vorbilder meiner Meinung nach kein erstrebenswertes Ziel sein sollte, desgleichen die pure Stimmimitation. 
„Klingen wie ein Belcanto - / Soul - / Pop ..... -Sänger“, ja, das geht, aber immer mit dem Klang 
und der Interpretation der eigenen, persönlichen Stimme!
Gerade in die persönliche Interpretation sollte der Lehrer nur dann eingreifen, wenn sie unklar ist oder dazu führt, diese technisch falsch in die Stimme umsetzen zu wollen. Dann ist jedoch nicht der interpretatorische Ansatz Gegenstand der Intervention, sondern die funktionale Umsetzung. Eine funktional stimmige Umsetzung wird immer auch für den Zuhörer die ausdrucksklarste und nuancenreichste sein. Die meisten Anfänger bringen bereits eine Menge an Musikalität, Kenntnis der in „ihrem Stil“ gängigen Traditionen und den Drang nach persönlicher Ausdrucksmöglichkeit mit. Allein setzt sich dies umso weniger in den Klang um, je weniger die Stimme nach ihren physiologischen Gesetzen funktionieren kann.

 
Funktionale Stimmtechnik

Unter diesem Stichwort existieren einige Unterrichtsmethoden, welche sich alle auf die Forschung zur physiologischen Funktionalität der Stimme stützen. Im Gegensatz zu den meisten traditionellen Stimmbildungsmethoden basiert dieses Verständnis von Stimmtechnik auf den Ergebnissen der modernen medizinisch-physiologischen Forschung. Manches, das wir heute wissen, konnte in früheren Jahrhunderten nur angenommen, aber nicht im heutigen Sinne wissenschaftlich überprüft werden. Besonders die Unterscheidung zwischen willkürlicher und unwillkürlicher Innervierung war so noch nicht klar (in alten Schriften ist an passender Stelle dann gern vom „Göttlichen“ die Rede).
Spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind viele der physiologischen Vorgänge in der Stimme und im Körper während des Gesangsvorgangs bekannt. Mit den in den letzten Jahrzehnten zum Einsatz gekommenen bildgebenden Untersuchungsmethoden konnten außerdem auch interessante nervliche Rückkopplungssysteme nachgewiesen werden, auf deren Wirkung eine funktional-systemische Stimmtechnik zurückgreifen kann.
Übungen der funktionalen Methoden wirken zwar durch ihre Aufgabenstellung, bedürfen aber der Kontrolle besonders hinsichtlich der nervlichen Vorgänge und sollten kein Selbstzweck, sondern Vehikel sein, welches dem Lernenden ermöglicht, Einsicht in die funktionalen Vorgänge zu bekommen und Angewohnheiten verändern zu können. Die Aufgabe des Lehrers ist es, die Übungen so einzusetzen und zu erklären, dass damit auch effektiv ganz an den individuellen Problemen gearbeitet werden kann. Ein rein schematisches Vorgehen, welches lediglich der jeweilig vorgegebenen Methode folgt, sollte vermieden werden.


Belcanto

Die Technik des Belcanto ist aus einer empirischen Tradition gewachsen. Ihre Begrifflichkeit arbeitet mit einigen wenigen, sehr komplexen Schlüsselbegriffen. Einige Phänomene auf der physiologischen Ebene, um die wir heute erst genau wissen, wurden intuitiv oft recht gut berücksichtigt. Zu nennen wären hier zum Beispiel die richtig verstandene „Stütze“, die stabilisierende Nutzung der Einhängemuskulatur und die besondere Nutzung einiger Resonanzräume zur Obertonanreicherung und Tonführung.

Wer sich mit den durch die Jahrhunderte verschiedenen stimmtechnischen Methoden beschäftigt, wird sicher feststellen, dass einige Begriffe interpretiert, entlehnt oder (falsch) übersetzt in andere Methoden übernommen und damit leider oft verfälscht wurden.
Bis in die heutige Zeit stellt der Belcanto - Stil mit seinen ganz eigenen Klanganforderungen ein sängerisches Ideal dar. Einige stilistische Auffassungen des Belcanto - Stils wie eine dichte Legatolinie, virtuoses Staccato, stufenlos an- und abschwellende Töne, eine sehr geschmeidige Vokallinie innerhalb des Textes, das stufenlose Spiel mit dem Farbenreichtum der Stimme, haben auch in der modernen gesanglichen Interpretation ihre Berechtigung erhalten. Dieser Stil ist ohne eine zugrunde liegende Technik, welche besonders die übergangslose Linienführung ermöglicht, nicht überzeugend umsetzbar.


Pop bzw. die Stile des Populargesangs (auch Jazz)

Die Anforderungen, die Popgesang an die Stimme stellt, können sehr anspruchsvoll sein.
Um nur einige Beispiele zu nennen:
Die Stimme soll im Popgesang

● sehr flexibel im Ausdruck sein

● in Ausdruck und Stimmfarbe sehr individuell sein

● grundsätzlich möglichst wenig Vibrato haben, aber Vibratoeffekte einsetzen können

● bei Bedarf große Legatolinien aber auch verzierende Koloraturfiguren bewältigen können

● ein natürlich klingendes, leicht-schwebendes Piano (Ballade) aber auch
   ein sehr schweres Forte bis hin zum Screaming besitzen
   mit der Besonderheit, dass in allen dynamischen Bereichen
   eine natürliche, der Sprechstimme ähnliche Textverständlichkeit und Textgestaltung
   möglich sein soll.

Die international langfristig erfolgreichen Sänger in der Popmusik haben alle eine mehr oder weniger professionelle Stimmausbildung. Ohne sie wäre die reine Belastung einer Tour nicht denkbar. Wenn bei der Produktion einer CD auch getrickst werden kann, im Konzert muss die stimmliche Leistung doch kommen.

Auch für den Popgesang ist zunächst die funktional richtige Grundlage vonnöten. Erst darauf baut man die spezifischen Fähigkeiten auf, die von einer Popstimme erwartet werden. Eine effiziente Technik dafür ist das sogenannte Belting, von dem es wiederum einige Varianten gibt. Auf eine wirklich tragbare technische Basis gestellt, kann es die stimmlichen Übertreibungen (sowohl in die Kopf- als auch in die Bruststimme) des Popgesangs auf schonende Weise zur Verfügung stellen. Vielerorts wird ein Belting ohne entsprechende Grundlagen gelehrt, um schnell entsprechende Klangergebnisse zu erzielen. Dies ist in der langfristigen Perspektive bezüglich der Stimmgesundheit kritisch zu betrachten.

 
Funktionale Sprecherziehung 

Das Ziel einer Sprecherziehung ist im Allgemeinen, eine belastbare Sprecherstimme zu entwickeln, deren dynamische Möglichkeiten weit über das Alltägliche hinausgehen können, ferner eine absolut exakte und verständliche Aussprache sowie eine größere klangliche Modulationsfähigkeit zu entwickeln.

Sprecherberufe sind z.B. Schauspieler, aber auch Lehrer, Manager oder Politiker. Auch wenn das Sprechen dem Laien zunächst als verschieden vom Singen erscheint, so sind die physiologischen Vorgänge, gerade wenn eine hohe Belastbarkeit zum Ziel gesetzt ist, doch zunächst die gleichen, nur ist der Maßstab wesentlich kleiner. Auch die Schulung des Gehörs, die beim musikalischen Singen gleichzeitig geschieht, ist eine wesentliche Komponente für die Ausbildung einer hochwertigen Sprecherstimme, wird aber gerne vernachlässigt. Nicht nur artikulatorisch (Vokalbildung), sondern auch interpretatorisch (Klangmodulation, Transport von Emotionen) spielt das Gehör eine entscheidende Rolle. 
Da wir täglich sprechen, sind uns unsere teilweise schädlichen Angewohnheiten gar nicht bewusst, und sie lassen sich auch vor allem nur mit beharrlichem Üben (=Verändern der Angewohnheiten) ändern. Wie beim Gesang wird gerade das klangliche Vergößern der Sprechstimme von Laien oft über ein Forcieren durch Muskelkraft versucht, was schnell zur Heiserkeit führt und im Extremfall auch zu Stimmschäden führen kann. Leider kommt der Sprecher oft erst dann zum Fachmann, wenn dies schon eine hartnäckige Angewohnheit geworden ist. Viele Sprecher möchten außerdem gerne glauben, dass ein Verstehen der Vorgänge und ein Wissen um das angestrebte Ziel ausreicht (ein Buch lesen, ein Wochenendseminar besuchen), um dies umsetzen zu können. Leider bedarf es hier, ähnlich wie im musikalischen Gesang, einer Zeit des Wahrnehmens, gründlichen Veränderns, und Übens unter fachkundiger Anleitung, bevor es gelingt, eine belastbare Technik aufzubauen.

 
Der Schüler

Der Schüler kommt mit einem sehr konkreten oder aber einem sehr schwammigen Anliegen in die Stimmausbildung, je nachdem ob er unbefangener Anfänger ist oder schon fortgeschritten und daher vielleicht ganz bestimmte Probleme lösen möchte. Es kommt allerdings auch vor, dass ein Schüler mit der Erwartung kommt, „mal eben schnell“ innerhalb weniger Unterrichtsstunden „im Stile von“ singen zu lernen oder ein schweres Werk zur Aufführung vorzubereiten, obwohl jegliche Grundlagen fehlen. So etwas ist schlicht weder möglich noch verantwortbar.
Die Erwartungshaltung der Schüler an das Unterrichtsgeschehen ist oft von den schulischen Erfahrungen geprägt. Das technische Erlernen eines Musikinstruments, also auch des Singens, ist allerdings eher einem Training im Leistungssport vergleichbar. Es geht sehr viel darum, das eigene Tun wahrnehmen und reflektieren zu lernen und Veränderungen in Richtung einer besseren Funktionalität in die persönlichen nervlichen und muskulären Abläufe praktisch zu integrieren. Das regelmäßige Üben des Schülers gehört daher auch unbedingt dazu! Idealerweise übt der Anfänger eher zwei oder mehr Male pro Tag, dafür höchstens 20 Minuten, später mehr, aber mit Beachtung von Pausen.

Die stilistisch - musikalische oder auch ästhetisch - künstlerische Komponente des Musikunterrichts umfasst auch im Gegensatz zur schulischen Konditionierung nicht so sehr das Lernen und Übernehmen bestimmter Standards (obwohl gewisse Traditionen kennen gelernt und bewahrt werden sollten), sondern Ermutigung und Hilfe zur Befreiung und Umsetzung eigener Ideen und erst dann eventuell deren Korrektur.

Gerne würde mancher Schüler viel lernen, ohne etwas verändern zu müssen. Man verharrt außerdem lieber in alten Angewohnheiten, Gedanken und Gefühlen, als sich in das Unbekannte vorzuwagen. Diese in der Pädagogik als Lernwiderstand bezeichnete Reaktion ist ziemlich normal, muss aber überwunden werden, sonst hat das Ganze keinen Sinn. Wer nichts ändert, lernt nichts. Worauf ein Lehrer eigehen kann und muss ist die Geschwindigkeit, in der Veränderungen zumutbar und forderbar sind. In diesem Bereich wird ein sensibler Lehrer versuchen, auf die Bedürfnisse des Schülers nach langsamer Veränderung einzugehen - wenn nicht gleichzeitig seitens des Schülers die Anforderung gestellt ist, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Ziel erreichen zu wollen. Eine solche Zielstellung überträgt dem Lehrer die Aufgabe, die Entwicklung entsprechend voran zu treiben. Mancher Schüler stellt dem Lehrer paradoxe Aufgaben.... verändere nichts, aber bringe mich gefälligst in kürzester Zeit zum Ziel! Am Ende geht es ohnehin nicht schneller voran, als es die Möglichkeiten und der Fleiß des Schülers zulassen.

Der fortgeschrittene Schüler, welcher „nur die Lösung für eine Schwäche“ sucht, wird vielleicht feststellen müssen, dass es das schnelle Patentrezept nicht gibt und etwas sehr Grundlegendes geändert werden müsste. Einige Probleme werden nur durch konsequenten Aufbau funktional richtiger Abläufe zu beseitigen sein. Meistens sind solche Probleme so gelagert, dass Kompromisse zwischen den alten Angewohnheiten und der Adaption an funktional richtige Technik nicht möglich sind. In solchen Fällen ist Geduld gefragt, die technischen Änderungen sollten zunächst abgelöst von eventueller Anwendung im konzertanten Geschehen trainiert werden, bevor man sie dort zu implementieren versucht.

Der Lehrer

Das Ziel eines Lehrers sollte darin bestehen, sich längerfristig weitgehend überflüssig zu machen. Das heißt, sein Ziel muss sein, seine Schüler so zu unterrichten, dass sie wirklich lernen, mit ihrer Stimme umzugehen und eines Tages zumindest weitgehend auf die Kontrolle eines Lehrers verzichten zu können.
Dennoch lassen sich auch die Profis unter den Sängern immer wieder zumindest phasenweise von einem erfahrenen Lehrer kontrollieren, sei es, um neue Projekte technisch gut einzustudieren, sei es, um sicher zu gehen, dass sich im Laufe der Zeit nicht ungünstige Entwicklungen eingeschlichen haben.
Nicht zuletzt wächst und verändert sich unsere Stimme im Laufe unseres Lebens mit uns.

Ein guter Lehrer sollte narzisstische Selbstdarstellung vermeiden, und auch wenn er gewissen methodischen Überlegungen folgt, seinen Unterricht stets individuell dem Schüler anpassen. Es wäre höchst nachteilig, wenn der Lehrer lediglich einem Programm, einer Methode folgt, so wie er sie selbst lernend erfahren oder von einem Vorbild oder einem Standardprogramm oder gar einem Buch übernommen hat. Mancher Entwicklungsschritt ist nicht für jeden Schüler zum gleichen Zeitpunkt möglich. Daher sind Wissen, Erfahrung und eine feine Wahrnehmung unerlässlich. Darüber hinaus sollte der Lehrer nicht nur in der Lage sein, den Sinn der Übungen zu erklären, er muss sich auch stets vergewissern, ob der Schüler das, was er vermitteln möchte, auch wirklich verstanden und verinnerlicht hat, das heißt, ob er wirklich in die Lage versetzt worden ist, die Dinge richtig umzusetzen.
Innerhalb des Unterrichts wird der Lehrer sein Augenmerk oft auf völlig andere Dinge legen als der Schüler. Wo der Schüler das momentan erzeugte Ergebnis beurteilt, sieht der Lehrer es im Hinblick auf das Umsetzen funktionaler Fertigkeiten und innerhalb einer Entwicklung hin auf ein zukünftiges Ergebnis. Wo der Schüler sich an die alten Angewohnheiten klammern möchte, weil sie ihm ein Gefühl von Sicherheit geben, strebt der Lehrer dahin, auch um den Preis eines momentanen Misslingens genau zur Aufgabe dieser Gewohnheiten eine Brücke zu bauen, auf der das Neue, noch Fremde, aber funktional Richtigere entstehen kann. 


Einige interessante Nebenaspekte 

Die Forschung liefert inzwischen viele Ergebnisse darüber, welche Wirkungen dem Gesang zuschreibbar sind.
Neben der Konzentrationsfähigkeit fördert Singen das soziale Empfinden und die Empathie.
Singen wirkt stimulierend auf das Immunsystem.
Durch die Tätigkeit des Zwerchfells sowie anderer unbewusster Muskulaturen wirkt Singen ausgleichend auf den Kreislauf und die Durchblutung.
Unser Gehirn reagiert auf das Singen mit der Ausschüttung von Glückshormonen sowie dem „Bindungshormon“ Oxytocin. Gleichzeitig wird das Stresshormon Kortisol vermehrt abgebaut.